Kollegiale Fallbesprechung

© Benjamin Krasemann (2017)

Der Entstehungshintergrund des hier vorgeschlagenen Vorgehens, ist ein Seminarangebot für Lehramtstudierende im Praxissemester der Universität Kassel, das im Rahmen des Kasseler QL-Projekts PRONET entwickelt wurde. Der Einsatz dieses Modells ist insbesondere für Studierendengruppen in Seminaren vorgesehen. Dabei können eigene und fremde Fälle thematisiert werden. Entscheidend ist die Entwicklung einer Schlüsselfrage, sowie der Einbezug theoretischer Ansätze zum jeweiligen Fall.

Allgemeine Informationen zum Vorgehen finden Sie hier. Den Ablauf der Kollegialen Fallberatung zum Einsatz in Seminaren, finden Sie als Download hier.

 

1. Vorstellung und Entscheidung (5-10 Min.)
Verteilung der Rollen und Auswahl der FallgeberIn. Folgende Rollen sollten Sie festlegen:

• FallgeberIn
• ModeratorIn
• ZeitwächterIn und ProtokollantIn (bei größeren Gruppen ab 7 Personen empfiehlt es sich, diese Rollen auf zwei Personen zu verteilen

Das Protokoll der Kollegialen Fallberatung erhält am Ende die Fallgeber:in – es kann aber auch an alle Beteiligten der Gruppe weitergegeben werden.

Alle Beteiligten stellen eigenes oder fremdes Fallmaterial in einem 2-Minuten Blitzlicht vor. Leitfragen zur Vorstellung des Falls:
• Was passiert?
• Welche AkteurInnen sind beteiligt?
• Warum bewegt mich der Fall?

Die Gruppe entscheidet anschließend gleichberechtigt über den Fall für die Kollegiale Fallbesprechung.

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2. Fallerzählung und Nachfragephase (5-10 Min.)
Der Fall wird erzählt oder vorgelesen(!). Alle Beteiligten können nun Nachfragen zum Fall stellen.

In dieser Phase dürfen noch keine eigenen Gefühle bzw. Assoziationen zum Fall gesammelt werden, nur inhaltliche Fragen sind erlaubt.
Diese Phase ist abgeschlossen, wenn alle Beteiligten den Fall verstanden haben.

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3. Entwicklung einer Schlüsselfrage (5 Min.)
Mit Unterstützung der Gruppe wird nach einer Schlüsselfrage gesucht – diese kann auch durch die FallgeberIn bereits mitgebracht sein.

In dieser Phase ist darauf zu achten, dass noch keine möglichen Ursachen, Lösungsideen oder Interpretationen zur Handlung geäußert werden.

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4. Diskussion und/ oder Beratung (Max. 20 Min.)

Dieser Schritt ist in drei Phasen unterteilt, die nicht vermischt werden sollten. Die FallgeberInnen bleiben in diesem Schritt der Kollegialen Fallbesprechung ZuhörerInnen.

1. Phase: Assoziation und Erlebnis
Die BeraterInnen können nun Assoziationen, Gefühle austauschen. Mit Assoziationen und Gefühlen sind Äußerungen darüber gemeint, was der Fall in den Berater:innen auslöst.

2. Phase: Erklärungen und Hypothesen
In dieser Runde werden Erklärungen und Hypothesen zum gesammelt. Es geht um Überlegungen darüber, warum etwas geschehen ist, bzw. was zu einer bestimmten Situation geführt haben kann.

3. Phase: Hilfe und Ratschlag
Die BeraterInnen sammeln Handlungsvorschläge.

Die Protokollant:in sollte die wesentlichen Diskussionslinien und Handlungsvorschläge aller drei Phasen nachvollziehbar protokollieren.

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5. Theoriebezug wählen/ diskutieren (5 Min.)
Die Gruppe überlegt und diskutiert theoretische Zugänge zum Fall.

Der Fall soll nicht nur auf der Ebene der „praktischen Hilfe“ diskutiert, sondern auch theoretisch vertieft werden.
Es geht nicht um eine theoretische Diskussion in der Tiefe, sondern um den Austausch möglicher Theorien, mit denen man den Fall bzw. die Situation weiter ergründen könnte.

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6. Bilanzierung und Abschluss (5-10 Min.)
Die fallgebende Person resümiert die Beiträge der Berater:innen und berichtet, welche Anregungen für ihn/sie wertvoll waren und bedankt sich abschließend.

In der Abschlussrunde äußern sich dann alle Beteiligten zur Besprechung in folgender Form:

Für mich persönlich bedeutet dieser Fall, dass ich …
Aus der Fallbesprechung habe ich mitgenommen, dass ich …