Falldarstellung mit interpretierenden Abschnitten
Erwünschte Hilfe – umfassende Antwort
(Der Zeilenumbruch stimmt nicht mit dem Original überein; die ursprüngliche Zeilennummerierung wird beibehalten)
1 Yussuf legt seinen aufgeschlagenen Hefter auf seinen Tisch, an dem Franzi, stehend und
2 vornübergebeugt, dabei ist, auf einem Blatt Felder nach mathematischen Lösungen farbig
3 auszumalen (Papageienaufgabe). Yussuf holt seine Federtasche hervor, öffnet sie, setzt sich an seinen Platz und schaut
4 auf sein Blatt (Papageienaufgabe).
5 Yussuf jetz kommt daaa – ohh – (..) sieben minus eins ich hab sieben / öffnet die fünf
6 Finger der linken Hand und Daumen und Zeigefinger der rechten eins weg /
7 krümmt den kleinen Finger der linken Hand ein; beide Hände zu sich gedreht, d.h.
8 Daumen nach außen, beginnt er von links nach rechts, den einzelnen Fingern
9 zunickend, erst flüsternd, bei sechs mit normaler Lautstärke eins zwei drei vier
10 fünf sechs blickt wieder auf das Blatt; mit finsterer Miene M a a n e e y ( …) man
11 was steht hier denn blinzelt kurz zu Franzi hinüber (..) k – zu ihr
12 gewandt weißte was sechs ist /
13 Sie reagiert nicht, sondern malt konzentriert in ihrem Hefter. Er wartet mit den Fingern
14 trommelnd auf eine Antwort und schaut ihr bei ihrer Beschäftigung zu. Nach einigen Sekunden
15 schaut Franzi zu ihm, er lächelt sie an.
16 Yussuf guck ma bitte – (…) man ich hab den Buchstaben vergessen hier bei sechs den
17 Buchstaben den zeigt auf die Stelle auf dem Blatt; sie beugt sich über die
18 gezeigte Stelle die der sechs den vor –
19 Franzi gelb
20 Yussuf strahlt danke
Interaktionsanalyse (1)
Allgemein lässt sich die Szene beschreiben als der Versuch eines Schülers, eine Aufgabe zu lösen. Yussuf spricht dabei zunächst eher vor sich hin, dann wendet er sich ausdrücklich an seine Tischnachbarin Franzi. Er muss allerdings mehrmals ansetzen, bevor sie ihm hilft.
Das Transkript lässt sich in drei Teile gliedern:
1. Phase: <1-4> Vorbereitung,
2. Phase: <5-10> Aufgabenlösen (allein) und
3. Phase: <11-20> Helfen (um Hilfe bitten und helfen).
1. Phase: Yussuf richtet sich seinen Arbeitsplatz ein. Es sind nonverbale Tätigkeiten zur Vorbereitung der Arbeitsphase.
2. Phase: Yussuf arbeitet vor sich hinsprechend. Es ist nicht klar, ob er zu Beginn nur für sich oder für andere spricht. Mit ooh <5> inszeniert er Schwierigkeit, was ohne Reaktion von anderen bleibt. Schließlich formuliert er seine Aufgabe sieben minus eins <5> und beginnt, mit den Fingern zu rechnen. Er zählt die geöffneten Finger (auf eine im deutschen Kulturkreis ungewöhnliche Weise) laut und den Fingern einzeln zunickend ab. Damit kommt er zu dem mathematisch richtigen Ergebnis sechs <10>.
3. Phase: Daraufhin sieht er wieder auf das Blatt, und sein Blick verfinstert sich. Er flucht und fragt m a a n e e y (…) man was steht hier denn <10f.>. Es scheint so, als habe Yussuf Schwierigkeiten, den Farbnamen für sein Ergebnis 6 zu erlesen.
Zwar spricht er niemanden explizit an, jedoch schaut er zu Franzi herüber und scheint (mindestens) Blickkontakt zu suchen.
Dann setzt er an (..) k – <11 >. Seine Stimme bleibt in der Schwebe. Vermutlich versucht er das Anfangs-„g“ von „gelb“ zu lautieren, kommt aber nicht weiter. Dafür spricht, dass zwischen „k“ und „g“ eine bedeutende phonetische Ähnlichkeit besteht (einziger Unterschied: Stimmlosigkeit gegen Stimmhaftigkeit) und dass in der Legende neben der Ziffer 6 „gelb“ steht. Dieser Lautierungsversuch stützt außerdem die Interpretation zu dem vorangehenden Teil seiner Äußerung.
Nun wendet Yussuf sich ausdrücklich an seine Nachbarin weißte was sechs ist / <11f.>. Er bittet Franzi um Hilfe. Hier lässt sich die Einleitung eines Handlungsschemas „Helfen“ erkennen.
Franzi, steht im Transkript, reagiert nicht, sondern malt konzentriert in ihrem Hefter. Es könnte sein, dass sie Yussuf gar nicht wahrnimmt, vielleicht ignoriert sie ihn auch. Möglicherweise fühlt sie sich von ihm gestört – gestört im Sinne einer Ablenkung oder Unterbrechung. Yussuf trommelt mit den Fingern auf dem Tisch und schaut Franzi zu. Schließlich reagiert sie und sieht ihn an. Er scheint gleich einzuhaken, indem er lächelt und sie noch einmal anspricht <15f.>.
Zuerst bindet er sie ausdrücklich mit der Aufforderung bzw. mit der Bitte zu gucken. Dann formuliert er präzise ich hab den Buchstaben vergessen <16 >. Diese genaue Explikation seines Problems stützt die vorangegangenen Interpretationen, z.B. bezüglich des Lautierungsversuchs k-. Franzi erwidert in Zeile <19> gelb. Diese Antwort passt allerdings weniger genau zu Yussufs zuletzt präzise formuliertem Problem als zu seinen ersten beiden Fragen was steht hier denn <11> und weißte was sechs ist l <12>. Das könnte darauf hinweisen, dass Franzi seine ersten Fragen zwar wahrgenommen, aber dennoch nicht reagiert hat, und lässt sich somit als Stützung der Annahme auslegen, dass sie sich bei ihrer Arbeit unterbrochen gefühlt hat und deshalb eventuell erst zu einem für sie günstigeren Zeitpunkt antwortet. Passender zu Yussufs Problem mit dem Buchstaben wäre die Information gewesen, dass es sich um ein ’g’ handelt. Dadurch dass Franzis Antwort ein entscheidendes Stück darüber hinausgeht, besteht für Yussuf nun nicht mehr die Möglichkeit und auch nicht die Notwendigkeit, das Wort selbständig zu erlesen.
Ferner lässt sich feststellen, dass die von Franzi gegebene vollständige Restinformation zur Erledigung dieses Aufgabenteils hier die Wirkung hat, dass keine weitere Frage gestellt wird.
; Yussuf bedankt sich strahlend. Er ist offensichtlich sehr zufrieden mit Franzis Antwort. Damit endet diese Szene. Ob sein Strahlen nun erstens dem gelösten aufgabenspezifischen Problem, zweitens dem Erfolg, Franzis Aufmerksamkeit gewonnen zu haben, drittens allem beiden oder viertens noch etwas anderem gilt, ist an dieser Stelle ist nicht auszumachen. – Im weiteren Verlauf der Interaktion wird dann deutlich, dass er in erster Linie an Franzis Aufmerksamkeit interessiert zu sein scheint, z.B. wenn er ihr erzählt, dass seine Mutter ihm Adidas-Schuhe habe kaufen wollen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Kooperation und besonders das Einander-Helfen zwar als eine ideale Arbeitsform gelten; aber Hilfe kann auch mögliche Lernwege abschneiden. Wenn ein Kind sich gestört bzw. abgelenkt oder unterbrochen fühlt, hilft es womöglich ganz pragmatisch nur auf dem Wege, auf dem es am schnellsten wieder aus der Helferrolle aussteigen bzw. von dem anderen daraus entlassen werden kann. Sozusagen nach dem Motto, der andere müsse zwar in den Stand versetzt werden, seine Aufgabe zu erledigen; aber ob und was er dabei lernt, ist nebensächlich oder rückt als Kriterium eventuell gar nicht in den Blick des helfenden Kindes.
In dem zweiten Teil des Transkriptes, der die Interaktion zu einem späteren Zeitpunkt darstellt, wird das Spannungsverhältnis zwischen Kooperation bzw. Helfen und Störungen noch deutlicher. Sie wird nämlich explizit zum Thema gemacht.
Aufgedrängte Hilfe – abgewehrt
Transkript
201 Yussuf (.) okay (.) f ü n f äh nein schüttelt mit dem Kopf und lächelt minus nimmt einen
202 Stift aus seiner Federtasche
203 Franzi ohne aufzuschauen fünf minus wieviel /
204 Yussuf sags nich (.) zieht die Stirn kraus nein ich will selber r e c h n e n verdeckt mit 205 beiden Händen schnell seinen Hefter
206 Franzi ich sags dir
207 Yussuf klopft schnell mit einer Hand auf die andere n e i n wenn du nicht sagst ist viel
208 besser schaut sie an
209 <Franzi macht ihren Stift zu fünf minus eins ist doch ganz e i n f a c h
210 <Yussuf vergräbt den Kopf in seine Arme nein nein n e i n
211 Franzi ist doch
212 Yussuf schnell hintereinander sags nich sags nich sags nich (..) schaut auf vier Finger seiner
213 rechten Hand; der Daumen ist abgeknickt vier
214 Franzi j a a –
215 Yussuf (unverständlich) macht eine erfreute Geste zu Franzi
Interaktionsanalyse
Der Schüler Yussuf arbeitet vor sich hinsprechend. In dieses Sprechen schaltet sich seine Tischnachbarin Franzi ein, was zunächst wie ein Versuch zu helfen anmutet. Yussuf möchte jedoch selber rechnen, so dass die Szene insgesamt eher als Situation der Bedrängnis denn als Situation der Hilfe zu beschreiben ist.
Das Transkript lässt sich in drei Teile gliedern:
1. Phase: <201-205> Gesprächsanfang und Interessenklärung
2. Phase: <206-212> Diskussion um den weiteren Verlauf der Interaktion und um Prinzipielles und
3. Phase: <212-215> Yussuf rechnet und Franzi bestätigt.
1. Phase: Yussuf beginnt einen Aufgabensatz zu sprechen <201>. Franzi greift das auf, spricht seinen Anfang nach und fordert Yussuf mit fünf minus wieviel / <203> dazu auf, seine Aufgabenformulierung zu komplettieren.
Yussuf reagiert darauf mit sags nich <204>. Er scheint zu befürchten, dass Franzi ihm das Ergebnis sagen könnte, sobald sie die Aufgabenstellung kennt. Er wehrt sich hier gegen die Möglichkeit von Franzis (Vor-)sagen und stellt damit klar, dass ihn das stören würde. Seine Abwehr deutet außerdem darauf hin, dass er sich schon zu diesem Zeitpunkt gestört fühlt. Dann ergänzt Yussuf seine Äußerung mit der Begründung, dass er selber rechnen wolle <204f.>.
2. Phase: Franzi erwidert, sie werde es ihm sagen <206>. Sie entspricht also nicht Yussufs Aufforderung, es nicht zu sagen, sondern kündigt das Gegenteil an. Das lässt sich als Provokation (unter dem Deckmantel der Hilfe) auslegen.
Yussuf scheint Franzis Verhalten hier nicht (mehr) als Hilfe aufzufassen. Seine Gestik deutet auf eine gewisse Anspannung hin. Er fährt fort, sich zu wehren und stützt seine Aussage nun noch zusätzlich mit einem wertenden Kommentar: n e i n wenn du nicht sagst ist viel besser <207f.>. Wofür das Nicht-Sagen besser sein soll, bleibt implizit. Verknüpft man Yussufs Äußerungen miteinander, so ergibt sich Folgendes:
- Franzi soll ihm nichts sagen, weil er selber rechnen möchte.
- Franzi soll ihm nichts sagen, weil es so besser sei.
Es ist nun möglich, einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Aussagen zu (re-)konstruieren, und zwar auf zweierlei Weise:
1. Yussuf möchte selber rechnen.
Deswegen ist es besser, wenn Franzi ihm nichts sagt.
2. Yussuf möchte es gut (besser) machen.
Dazu muss er selber rechnen.
Deswegen soll Franzi ihm nichts sagen. (2)
Bezogen auf die erste Auslegung gilt sicher, dass Yussuf besser bzw. überhaupt nur selber rechnen kann, wenn Franzi ihm nichts vorsagt. Bezogen auf die zweite Auslegung ist aber darüber hinaus aber auch möglich, in Yussufs Äußerungen etwas wie verkürzte Regeln zu lesen, nämlich:
– Es ist besser, wenn man selber rechnet. Und:
– Man soll nicht vorsagen bzw. sich nichts vorsagen lassen.
Selber zu rechnen wäre somit das implizite übergeordnete Ziel. (3) In der Formulierung derartiger unterrichtsbezogener Verhaltenserwartungen kommen Vorstellungen über schulisches Arbeiten und Lernen zum Ausdruck, die im Abschnitt zu Alltagspsychologie und -pädagogik behandelt werden (4). Möglicherweise wurde so eine Idee auch schon zuvor einmal von der Lehrerin eingeführt.
Franzi nennt nun die komplette Aufgabe <209>. Möglicherweise hat sie sie vom Aufgabenblatt abgelesen. Für einen Augenblick steht damit noch einmal die Gefahr im Raum, dass sie das Ergebnis sagen könnte; sie fährt aber fort mit der Bemerkung, dass das doch ganz e i n f a c h sei <209>.
Yussuf fällt ihr mit dreimaligem Nein ins Wort <210>. Das kann als eine Fortsetzung seiner Gegenwehr gelesen werden, aber auch als direkte Verneinung von Franzis vorhergehender Aussage in dem Sinne, dass Yussuf die Aufgabe eben nicht einfach findet. Franzi setzt dann noch einmal an mit ist doch <211>. Deutend ergänzen ließe sich das zu einer Wiederholung ihrer vorherigen Äußerung oder zu dem Ergebnissatz für die Rechenaufgabe. Yussuf wehrt noch einmal ab <212>, was darauf hinweist, dass er hinter Franzis angefangener Äußerung die Gefahr einer Ergebnisnennung sieht.
3. Phase: Schließlich kommt Yussuf, mit den Fingern rechnend, auf das Ergebnis vier <213>. Franzi bestätigt diese Lösung <214> und die Szene endet damit, dass Yussuf sich erfreut zeigt <215>.
Vergleich der Interpretationen und Schlussbetrachtung
Helfen und das, was unter diesem Namen geschieht, ist sehr facettenreich. Dass hier nur hinderliche Aspekte zum Tragen kamen, liegt daran, dass das Ausgangsinteresse störenden und behindernden Aspekten von Kooperation galt und deshalb auch als Auswahlkriterium für das empirische Material diente. Fassen wir noch einmal kurz zusammen, wie Kooperation hier hinderlich, wie Hilfe störend war:
– Yussuf unterbricht (stört) Franzi mit der Bitte um Information (Hilfe) bei der Arbeit. Sie lässt sich aber nicht ablenken, sondern reagiert erst, als es ihr passt. (Bsp. 1)
– Franzi hilft dann mehr als nötig und hindert (stört) Yussuf dadurch, sich selbst etwas zu erarbeiten. (Bsp. 1)
– Franzi „zweckentfremdet“ das Helfen als Mittel zur Provokation. Ihr „Sagen“ wird als lediglich vermeintliches Helfen abgewehrt, indem Yussuf das „Nicht-Sagen“ dem „Sagen“ gegenüber als vorteilhaft darstellt. (Bsp. 2)
Bezüglich eines gegenseitigen Behinderns im Rahmen kooperativer Interaktion lassen sich mit den Analysen des vorliegenden Materials einige kontraproduktive Aspekte von Helfen bzw. von Situationen des Helfens feststellen:
- 1. Das Äußern eines Hilfswunsches kann den potentiellen Helfer stören.
- 2. Zuviel-Helfen kann Möglichkeiten des eigenständigen Lernens beeinträchtigen.
- 3. Hilfe-Aufdrängen kann eigenständiges Lernen behindern.
Zu (1): Das Äußern eines Hilfswunsches ist auf natürlicherweise unterschiedliche Interessen und zeitliche Verlaufsstrukturen des Arbeitens der Partner zurückzuführen. Solche Unterschiede sind ein Grund dafür, dass störungsfreie Interaktion u.E. eine Illusion ist.
Zu (2): Das Zuviel-Helfen ist ein Helfen, das nicht an einem langfristigen „Lernziel“ orientiert ist, sondern nur zu kurzfristigen Zielen führt, nämlich für den Hilfe-Erhaltenden zur Ermöglichung der Aufgabenerledigung und für den Helfenden dazu, die Hilfssituation zeitlich kurz zu halten. Wir nennen diese Art des Helfens in Anlehnung an Goos et al. (1996) pragmatisches Helfen.
Zu (3): Das Aufdrängen von Hilfe, das man überspitzt auch als Hilfeterror bezeichnen könnte, lässt sich in dem diskutierten Beispiel auf der Beziehungsebene als eine spielerische Provokation bzw. als ein spielerisches Kräftemessen unter dem Deckmantel des Helfens betrachten. Es scheint mehr sozial als fachlich motiviert zu sein. Mit diesen ersten Erkenntnissen ist zunächst ein differenzierterer Blick auf die Kooperationsform des Helfens gewonnen. Für das weite Feld von Kooperation und Störungen deutet sich hiermit an, dass das, was störend genannt werden kann, kontextspezifisch bestimmt werden muss. Möglicherweise lassen sich Kooperationsformen unterscheiden, die als Rahmen zur Beschreibung dessen dienen können, was unter Störung verstanden werden kann. Von daher ergibt sich als Untersuchungsperspektive, zunächst verschiedene Kooperationsformen zu (re-)konstruieren und zu typisieren (vgl. Bohnsack 1993), um dann mit Bezug darauf zu versuchen, den Störungsbegriff für eine Interaktionstheorie schulischen Lernens genauer auszuarbeiten. Als Kooperationsformen könnten neben dem Helfen etwa Situationen
- des gemeinsamen Problemlösens,
- des gemeinsamen Aufgabenteilens (vgl. Vollmer & Krummheuer 1997) und
- des ein- oder wechselseitigen Erklärens
zum Tragen kommen (sofern Letzteres nicht als eine Form des Helfens betrachtet wird).
Denkbar ist, dass im Verlauf der Analyse von Unterrichtsaufzeichnungen quer zu solchen Differenzierungen auch welche wie etwa nach dem Grad der interaktiven Symmetrie hervorgebracht werden.
Neben dem Handlungskontext ist es wesentlich, die Perspektive, aus der heraus etwas als Störung gilt oder gelten soll, deutlich herauszustreichen. Das dürfte aus der exemplarischen Datenanalyse bereits hervorgegangen sein: Beide, der Hilfe-Suchende und der Helfende, können sowohl den anderen stören als auch von ihm gestört werden.
Ein differenzierteres Bild kann auch im Zusammenhang mit dem Ermöglichen von fachlichem Lernen gezeichnet werden. Bezüglich der beiden illustrierten Unterrichtsszenen darf angezweifelt werden, ob fachlich voneinander gelernt wurde.
Hinweise darauf, wie Prozesse des Helfens gestaltet werden können, gibt die Rekonstruktion alltagspädagogischer Vorstellungen von Schülerinnen und Schülern im folgenden Unterabschnitt.
Fußnoten:
(1) Wenn im folgenden aus den Transkripten zitiert wird, so wird das Zitierte unter Beibehaltung aller sonstigen Markierungen stets kursiv gesetzt. In spitze Klammern gesetzte Zahlen verweisen auf Transkriptzeilen.
(2) In diesen Zeilen ist quasi eine Argumentationsanalyse formuliert.
(3) Zu Autonomie als Ziel von Lernprozessen s. Bruner 1983, Markowitz 1986 und 11: 1.3.
(4) Naujok, Natalie (1999): Die Forschungspraxis in Untersuchungen zur sozialen Konstitution schulischen Lernens. In: Krummheuer, Götz: Naujok, Natalie: Grundlagen und Beispiele Interpretativer Unterrichtsforschung. Leske + Budrich (neu VS-Verlag), S. 67-73
Literaturangaben:
Bohnsack, R. (1993): Rekonstruktive Sozialforschung. Einführung in Methodologie und Praxis qualitativer Sozialforschung. Lese+Budrich (heute VS-Verlag), 3. erweiterte Auflage (1999)
Goos, M. et al. (1996): When Does Student Talk become Collaborative Mathematical Discussion? In: Technology in Mathematics Education: Proceedings of the Nineteenth Annual Conference of the Mathematics Education Research Group of Australia, Melbourne, MERGA
Vollmer, N.; Krummheuer, G. (1997): Anfangen – Machen- Helfen. Zur Beziehung zwischen Arbeitsteilung und Aufgabenverständnis während einer Partnerarbeit im Mathematikunterricht. In: Journal für Mathedidaktik 18 (2/3): 217-244
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