Isabell Schmidt war zum Zeitpunkt des Interviews 25 Jahre alt und studierte Religion, Sport und Englisch auf Lehramt an Gymnasien im 9. Semester. Isabell ist in Deutschland geboren und gehört somit zur 2. Migrationsgeneration. Ihr Vater ist Deutsch und ihre Mutter kommt aus Syrien. Isabell wuchs dreisprachig auf: Sie spricht Armenisch, Griechisch und Deutsch. Sie hat eine Zwillingsschwester.
Sie erzählte von verschiedenen Sprachen und Kulturen, mit denen sie seit ihrer Kindheit vertraut ist:
„Diese unterschiedlichen Welten, die äh, davon waren wir[1] als Kinder auch immer Teil. Also dieses Türkisch, Griechisch, Armenisch, Arabisch ist halt, sind halt ziemlich viele Sprachen so, aber irgendwie ähm konnten wir das ganz gut einordnen und ähm das hat also so im Nachhinein ähm hat es auch total viel äh geholfen, um um um Empathievermögen zu ähm, ja einfach zu zu haben, also jetzt, aber ich kann mich in verschiedene Kulturen sozusagen einfinden äh, die Sprache wechseln, aber auch so ähm, so mich also kognitiv einfach auch umschalten.“
Trotz des kulturellen und sprachlichen Reichtums, durch den ihre Umgebung geprägt war, merkte sie Folgendes zur Grundschulzeit an:
„Also in der Grundschule war es so, da war ich eher ähm, da wollte ich eher Deutsch sein und ähm wollte hervorheben, dass ich deutschen, den deutschen Hintergrund habe, dann auch immer meiner Freundin auch meine deutschen Verwandten immer so aufgezählt, die ja deutsche Namen haben.“
Nach der Grundschule ging Isabell zunächst auf eine Realschule. Danach entschied sie sich für ein berufsbildendes Gymnasium, um eine Ausbildung als Fremdsprachensekretärin zu absolvieren. Bei der Entscheidung für eine Ausbildung spielte ihre Lehrerin eine entscheidende Rolle:
„Weil unsere Lehrerin meinte das wäre ganz gut und hat uns eher so ähm vom Abi jetzt das, hatte uns jetzt nicht bestärkt das Abitur zu machen, sondern also genau, meinte halt es wäre vielleicht für uns ganz gut das dort zu machen.“
Isabell erzählte auch von anderen Lehrkräften, die ihre Schullaufbahn positiv beeinflussten. An einen Lehrer erinnerte sie sich gern zurück:
„und ähm genau, deswegen war das sehr hilfreich ihn äh, also diesen Lehrer zu haben. Herr A-Lehrer, ähm das war irgendwie wie ein Geschenk.“
Nach einiger Zeit merkte Isabell, dass die Ausbildung nicht ihren Erwartungen entsprach. Daraufhin erlangte sie die Hochschulzugangsberechtigung an einer Gesamtschule. Isabell entschied sich anschließend für ein Lehramtsstudium:
„und ja dann haben wir beide auch überlegt auf Lehramt zu studieren, weil wir ähm auch im Kinder- und Jugendbereich tätig waren, also ähm freiwillig ähm von unserer Kirche aus und da schon mehrere Jahre mitgearbeitet hatten und dann dachte ich, ähm ich habe also die Liebe zu Kindern und Jugendlichen und äh zu meinen Fächern äh also Englisch, Reli und jetzt auch Sport ähm und das kann ich halt gut verbinden, weil ähm wenn das da ist, glaube ich, ist es eine gut- gute Grundlage für das Lehramtsstudium.“
Am Anfang des Studiums nahm Isabell ihre Mehrsprachigkeit eher als Hindernis wahr:
„ähm ich finde dadurch, dass dass ich also dreisprachig aufgewachsen bin, leiden halt auch die anderen Sprachen darunter und äh da hatte ich immer so die Befürchtung, okay ich hätte jetzt in Deutsch viel besser sein können oder manchmal ähm ja, die die deutsche Sprache wäre wahrscheinlich besser geworden.“
Nichtsdestotrotz wurde immer wieder in der Erzählung Isabells deutlich, welche Vorteile ihre Mehrsprachigkeit verbarg:
„zum Beispiel jetzt in in in im Theologiestudium: Altgriechisch fiel mir dann viel leichter, weil ich Neugriechisch kann. Dann dachte ich: WOW!“
Im Sommersemester 2016 belegte Isabell das Projektseminar „Interkulturelle Kompetenzen und Mehrsprachigkeit als Ressourcen für den Lehrberuf“. Sie berichtete von ihrer veränderten Sicht auf die Mehrsprachigkeit, die sich im Laufe des Semesters entwickelt hat:
„ähm aber irgendwie glaube ich, sehe ich das jetzt auch positiver, also dass man mehrsprachig ist und dass ähm auf jeden Fall auch in der in der Kommunikation mit den Schülern sich zu nutzen machen kann. Genau, also die Sicht hat sich äh äh daraufhin auch entwickelt.“
Isabell Schmidt absolvierte erfolgreich im Frühjahr 2018 ihr 1. Staatsexamen.
[1] Isabell spricht im Interview aus der Wir-Perspektive. Dabei meint sie ihre Zwillingsschwester und sich.