Falldarstellung mit interpretierenden Abschnitten

Einstellung der SchülerInnen

Der folgende Interviewausschnitt mit Boris, der zu den aktiven Störherden der Klasse zählte, ist im Machtkontext von besonderem Interesse, da er seine diesbezüglichen Einstellungen hier klar formuliert.

14.10.02 vierte Stunde, neue Aula
I: Welche Rolle spielt der Lehrer, ob man ein Fach mag odder nicht?
Boris: Ich mein es geht vielleicht net darum, daß er streng is´ , ich män ab und zu sollt er auch mol än Spaß versteh´n. Gut, manchmal is a bei uns net g´rad de beschte Spaß, was mir do mache @(.)@ Randale halt … Än Lehrer sollt …
I: Warum macht ihr des?
(Zwischenruf von Micha): Weil´s Spaß macht…
Boris: Des machen mir eigentlich auch bloß bei Lehrer, die entweder sich gege´übber de Schüler beschisse verhalte, also des muß ma hier mol ganz deutlich sage … ähm odder ebe bei Lehrer, die´s net fertig bringe Stoff zu vermitteln. Wie letschtes Jahr die Frau Grei – mit i. Die kleine, die Schrumpelgrei. Die hat in drei Woche net g´schafft den Stoff uns zu vermitteln, was de Herr Ulmann in einer Stunde g´schafft hat…

Dieser Auszug aus dem Interview mit Boris ist vor allem in Bezug auf die auf Böhnisch zurückgehende Unterscheidungen der Ebenen von LehrerInnen-Sein und LehrerInnen-Rolle (1) von besonderem Interesse. Es wird nämlich ersichtlich, dass SchülerInnen beide Ebenen bewusst wahrnehmen und ihr Verhalten gleichermaßen daran orientieren. Auf meine Frage, warum sie sich manchmal gegenüber bestimmten LehrerInnen so verhalten, dass es „net g´rad de beschte Spaß“ ist, antwortet Boris: „Des machen mir eigentlich auch bloß bei Lehrer, die entweder sich gege´übber de Schüler beschisse verhalte, also des muß ma hier mol ganz deutlich sage … ähm odder ebe bei Lehrer, die´s net fertig bringe Stoff zu vermitteln.“ Während sich „beschisse verhalte“ auf die Ebene des LehrerInnen-Seins bezieht, fokussiert „die´s net fertig bringe Stoff zu vermitteln“ die Ebene der Lehrerinnen-Rolle. Unabhängig also auf welcher Ebene die SchülerInnen die LehrerInnen disqualifizieren – „Randale“ ist die Folge. Daraus lässt sich ableiten, dass sich Boris den LehrerInnen überlegen fühlt, die entweder in ihrem Lehrer-Sein oder ihrer Lehrer-Rolle – oder aber in beiden Ebenen – scheitern.

Fußnote:

1. vgl. Kapitel III.2. In: http://www.diss.fu-berlin.de/diss/receive/FUDISS_thesis_000000002233 (Zeitpunkt des letzten Zugriffs: 26.03.2006)

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