Hinweis – der Fall kann gemeinsam gelesen werden mit:

Falldarstellung

Klasse 5x, 16.03.1999, Übergang Pause – Unterricht (10h23-10h26)

10h23: Ömer und die hinter ihm hereingekommenen größeren Mädchen Ayla, Hatice und Medine bleiben in Türnähe … 10h26: Ayla, Medine und Hatice kommen wieder herein. Herr Maier kommt herein. … Ayla und Hatice ziehen ihre Jacken aus, gehen in Richtung Garderobe und verlassen dabei das Kamerablickfeld. Ayla kommt ohne die Jacke von dort wieder ins Bild und geht zu ihrem Platz …

Interpretation

Was hier geschieht, ist erst auf den zweiten Blick als ritualisierte Kleidungsablage zu erkennen. Auf den ersten Blick fallen bei der Beobachtung der drei im Beispiel genannten Mädchen eher deren vielfältige Aktionen im Türbereich, ihre Peer-Interaktionen und ihr häufiges Rein und Raus in und aus dem Klassenzimmer auf, Aktivitäten, die sich zwischen 10 Uhr 23 und 10 Uhr 26 abspielen und bei der Erörterung des Geschehens im Türbereich als schuloppositionale Ritualisierung gedeutet wurden (1). Eine ebensolche schuloppositionale Ritualisierung ist nun auch in dem hier gezeigten Umgang mit der Überkleidung zu entdecken. Während die einen Kinder ihre Anoraks ablegen, sobald sie nach der Pause wieder das Klassenzimmer betreten, ist das nun thematisierte Verhaltensmuster anderer Kinder (wie z.B. Ayla, Hatice, Medine) dadurch gekennzeichnet, dass sie, wenn sie nach der Pause wieder ihre Klasse betreten, ihre Überkleidung nicht ausziehen und ablegen, sondern anbehalten. Zu diesem Muster gehört, dass die betreffenden Kinder die Überbekleidung erst ausziehen und ablegen, nachdem der Lehrer den Klassenraum betreten und die Tür hinter sich und damit den Übergang zu Pausenräumlichkeiten geschlossen hat. In Gegenüberstellung zur unterrichtsaffirmativen (2) können wir hier von einer unterrichtsoppositionalen Ritualisierung sprechen. Wer seinen Anorak bei Eintritt des Lehrers noch anhat, wirkt (noch) nicht bereit, längere Zeit im Raum zu verweilen oder gar an einem bestimmten Platz zu sitzen und zu arbeiten. Die Unterrichtseröffnung wird durch diesen Umgang mit der Überkleidung verzögert.

Fußnoten:

(1) Die Tür als Schwelle und Grenze I-III

Die Tür als Schwelle und Grenze I, Falldarstellung 1

Die Tür als Schwelle und Grenze I, Falldarstellung 2

Die Tür als Schwelle und Grenze II, Falldarstellung 1

Die Tür als Schwelle und Grenze II, Falldarstellung 2

Die Tür als Schwelle und Grenze III, Falldarstellung 1

Die Tür als Schwelle und Grenze III, Falldarstellung 2

(2) Persönliche Requisiten: die Kleidung I

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