Dilara Aldemir war zum Zeitpunkt des Interviews 24 Jahre alt und absolvierte ein Lehramtsstudium für das Gymnasium mit den Fächern Deutsch und Biologie. Ihre Eltern kommen aus der Türkei. Ihr Vater ist Arbeiter und ihre Mutter Hausfrau. Sie ist in einer Großstadt in Deutschland geboren und gehört zur 2. Migrationsgeneration. Sie hat einen Bruder.

In A-Großstadt besuchte Dilara die Grundschule, in der sie den Herkunftssprachenunterricht in Türkisch erhielt. Folgendes erzählte sie über ihre Grundschulzeit:
„in der Grundschule war- ich war in einem Viertel in der Grundschule, wo es eigentlich ziemlich viele Kinder mit Migrationshintergrund ähm gab, also auch schon solche, die im Ausland geboren worden sind. In meiner Klasse gab es sechzehn Kinder und, glaube ich, nur zwei oder drei hatten die deutsche Staatsangehörigkeit. Ich habe mich aber sehr wohl gefühlt ähm an meiner Schule und ähm ja ähm ich hatte immer ziemlich gute Leistungen in der Grundschule, ich wurde aber von meiner Lehrerin sehr unterstützt und mir ist auch schon als Kind aufgefallen, dass es für meine Lehrer eine Rolle gespielt hat ähm, ob sich meine Eltern um meine Bildung und Erziehung kümmern.“

Der Übergang auf das Gymnasium gestaltete sich für Dilara und ihren Bruder problemlos:
„Meine Grundschullehrerin hat mich wegen meiner guten Leistungen auch sehr gern gelobt. Mein Bruder war auch auf derselben Schule, ähm wir haben dann die Empfehlung fürs Gymnasium bekommen und ich bin dann auf ein Gymnasium hier gegangen, wo man damals ähm, das war noch relativ neu, G8 machen konnte ähm meine Lehrerin hat mir das zugetraut.“

Auf dem Gymnasium wurde Dilara mit folgender Situation konfrontiert:
„Ich glaube das war in der Oberstufe, da hat einmal ähm mein Mathelehrer zu mir gesagt, dass ich aber lieber nicht mit ähm den anderen Kindern, die auch türkischer Herkunft sind, ähm so viel zu tun haben sollte, weil die mir irgendwie ähm, die würden sonst einen negativen Einfluss auf mich ausüben und ich hatte schon manchmal das Gefühl, dass ich zwischen den Kulturen bin, also das heißt, ich hatte nicht so viele türkische Freunde, weil auf meiner Schule es nicht so viele gab ähm (2), aber ich hätte gerne welche gehabt, nur die haben mich immer als ähm, weiß ich nicht, als Streber angesehen.“

Nach dem Bestehen des Abiturs entschied sich Dilara für ein Lehramtsstudium in A-Großstadt. Dilara begründete ihre Motivation für den Lehrerberuf folgendermaßen:
„Lehramt wollte ich ähm aus verschiedenen Gründen studieren, aber einer der Gründe ähm war dann auch mit der Zeit, dass ähm ich Kindern ähm helfen möchte, die es nicht so leicht wie ich hatten in ihrer Bildung. Gerade durch diese Vorzüge, es kann ja nicht jeder auf Anhieb alles gut können oder eine Familie haben die hinter einem steht, und ähm ich möchte einfach da helfen, wo noch diese Lücken sind, ähm weil ich denke, dass ähm Kinder gerne auch zu Menschen aufschauen, die versuchen erfolgreich zu sein und genauso wie sie ein Migrationshintergrund haben also, das war sozusagen mein Traum.“

Als Dilara 18 Jahre alt wurde, entschied sie sich dafür, ein Kopftuch zu tragen. Im Rahmen ihres Lehramtsstudiums musste sie ein Betriebspraktikum absolvieren und machte folgende Erfahrung:
„und dann hat sie [die Chefin] in diesem Gespräch gesagt ähm, dass sie mir diese Chance geben will, obwohl ziemlich wenige Kopftuchträgerinnen sind in dem Betrieb ähm und jemals eine Chance bekommen hätten, dass sie mich sympathisch findet, ABER dass sie ein Risiko dadurch eingeht, weil sie denkt oder weil sie angeblich wüsste, dass viele dagegen sein würden in diesem Betrieb und dass sie für mich BÜRGEN müsse, also die Verantwortung übernehmen müsse und wenn ich das halt nicht gut machen würde, also das Praktikum oder ähm wenn ich einen Konflikt haben sollte mit jemandem und diesen groß austragen sollte, dann könnte sie nie wieder ähm einer Frau die einen Kopftuch trägt eine Chance geben. Das heißt, ICH würde die Verantwortung dafür jetzt tragen und wenn ich das gut mache, dann könnte sie jemandem anderen wieder diese Chance geben und das hat mich ein bisschen erstmal verunsichert.“

Dilara besuchte das Projektseminar „Interkulturelle Kompetenzen und Mehrsprachigkeit als Ressourcen für den Lehrberuf“ im Sommersemester 2016 und begründete dies so:
„Ich habe mich dafür interessiert, weil ich auch selber betroffen bin […] ich habe mich schon immer dafür interessiert, nur es gibt halt jetzt so viele Angebote, deswegen wollte ich das in Anspruch nehmen, damit ich mich profilieren kann, weil mein Ziel ist es ja unter anderem ähm Kindern mit Migrationshintergrund zu helfen, damit ich ein gut ausgestattetes Profil und Equipment habe, um ähm kompetent genug zu sein, um diese Verantwortung übernehmen zu können.“

Im Frühjahr 2017 schloss Dilara ihr 1. Staatsexamen erfolgreich ab.