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Falldarstellung mit interpretierenden Abschnitten

1. Interview Rainer 1. Passage (bildungsbiographische Linien: spezielle Interessen und Neigungen: Orig.: S. 14 10-S. 15 18)

R: also zum beispiel was ungewöhnliches oder was total niemand überhaupt macht was- was niemand verstehen kann ich lese jeden tag zeitung oder jedenfalls . hauptsächlich fußballseiten was mich so interessiert noch mal und wirtschaft und politik //hmm// und . dann halt guck ich auch meist immer nachrichten //hmm// wenn schon irgendwas schlimmes kommt was dann ja aber im grunde guck ich immer nachrichten es sei denn es kommt irgendwelche themen . äh die jetzt total langweilig sind oder die ich jetzt überhaupt nicht leiden kann . irgendwelche promigeschichten oder so was höre ich mir erst gar nicht an .. ähm das macht also keiner in der klasse unnd . also ich verfolge auch so was halt wie .. das parlament hat ja n bundeskanzler gerhard schröder die ver- das vertrauen entzogen //hm// lieg- liegt es an horst köhler //hm// ob er das parlament auflöst //hm// und j- also neuwahlen sind jetzt eingeleitet neuzehn achtundneunzig is bundeskanzler gerhard schröder halt (klopft auf tisch) kanzler geworden und zweitausend zwei wiedergewählt wurden //hm// und zweitausend sechs wären erst die neu- die nächsten wahlen gewesen //hmm// aber wenn jetzt halt schon frühzeitig die neuwahlen eingeleitet viele sind ja der ansicht es müsste mal ne frau ran da halt ich mich raus ich will niemanden . //hm// da halt ich mich raus also . wählen kann ich sowieso nich ich verfolge es einfach nur gern //ja// (klingeln) . das war auch kein feuerarlam manchmal geht das schon lange die klingel aber is kein feuerarlarm ( ) gesagt . jaaa . also das verfolge ich auch . gerne- sehr gerne auch und also ich rede damit auch gerne wenn mir mal langweilig is oder so beim schulausflug oder so //hmm// dann red mer gern mal auch mit den lehrern lehrern darüber weil es macht dann auch spaß einfach mal so erzählen weil ich hab keinen freund der sich dafür interessiert //hm// oder der eine oder andere interessiert sich dafür äh darf aber oder guckt nich immer nachrichten und liest auch gar keine- gar nicht erst zeitung (klopft auf tisch) manche ham ja auch keine bekommen ja auch keine zeit //hm// also ich les ja hauptsächlich mz I: mz R: ja . nich wie bild am Sonntag und die welt ist manchmal auch noch okay aber frankfurter allgemeine aber hauptsächlich mz //heh// also zum beispiel auch auf der klassenfahrt warn mer in l.-stadt den einen tag //aha// also ham uns da viel angeguckt da warn ne . ja über martin luther wo die fünf und neunzig thesen angeschlagen hat //ja ja// in lukas kranachen höfen und auch aufm markt und den berühmten maler und . ( ) wies wies die mädchen bezeichnet haben shopping (betont) äh eine stunde noch mal durch so ne straße gehen da über all da wo ganze viele läden warn //heh// das erste was ich gemacht habe ich hab mir ne zeitung gekauft //aha// weil ich halt ich halt nich die eine woche aus ohne mal ne zeitschrift zu lesen . frau böhme die hat sich da auch noch oder die ham da auch noch mal ne zeitung gekauft am nächsten tag da ham mer tausch gemacht //(lacht)// also ich hab die zeitung die ich mir gekauft habe den lehrern gegeben //hm// dafür ham die . die lehrer ham mir die zeitung gegeben die sie gekauft haben

Thematische Struktur

S. 14 10-14 UT ich lese Zeitung, das versteht niemand

S. 14 15-22 UT ich schaue seriöse Nachrichten, das macht keiner in der Klasse

S. 14 22-35 UT ich verfolge z.B. den Verlauf der Neuwahlen

S. 14 35-37 Exkurs: das war auch kein Feueralarm

S. 14 37-38 Abschlusskoda: das verfolge ich gern

S. 14 38-47 UT rede mit Erwachsenen (Lehrern) darüber, aber nicht mit Freunden

S. 14 47-52 UT was ich alles lese

S. 14 52-S. 15 11 UT zum Beispiel Zeitungskauf auf der Klassenfahrt

S 15 11-17 UUT Zeitungstausch mit den Lehrern

Formulierende Interpretation

S. 14 10-14 UT ich lese Zeitung, das versteht niemand

Beispielsweise etwas nicht der Regel entsprechendes oder was erst recht keiner macht und versteht, ich lese Zeitung oder zumindest vor allem die Fußballseiten, was meinem Interesse entspricht. Ich lese auch Artikel zu Themen aus der Wirtschaft und der Politik.

S. 14 15-22 UT ich schaue seriöse Nachrichten, das macht keiner in der Klasse

Zudem schaue ich stets die Nachrichten, falls etwas Ernsthaftes ausgestrahlt wird. Jedoch im Prinzip sehe ich mir allezeit die Nachrichten an, mit Ausnahme, wenn solche Themen wie Promigeschichten gezeigt werden, die ich langweilig finde und nicht mag. So etwas höre ich mir erst gar nicht an. Dies macht also keiner aus meiner Klasse.

S. 14 22-35 UT ich verfolge z.B. den Verlauf der Neuwahlen

Außerdem verfolge ich die Geschehnisse im Parlament, wie aktuell die Vertrauensfrage an den Bundeskanzler Gerhard Schröder. Es liegt ja nun an Horst Köhler, ob er den Bundestag auflöst. Neuwahlen sind mittlerweile eingeleitet. Im Jahr 1998 wurde Gerhard Schröder zum Bundeskanzler gemacht und 2002 wiedergewählt. Die nächsten Wahlen wären erst 2006, doch nun sind Neuwahlen in die Wege geleitet. Viele Menschen vertreten ja die Meinung, das Land müsste mal von einer Frau regiert werden. Ich halte mich aus der Diskussion raus, denn wählen kann ich ohnehin noch nicht. Ich schaue mir nur gern die Entwicklungen an.

S. 14 35-37 Exkurs: das war auch kein Feueralarm

Dies war ebenfalls kein Feueralarm. Gelegentlich klingelt es schon mal lange, aber das hier ist kein Alarm.

S. 14 37-38 Abschlusskoda: das verfolge ich gern

Nun gut, das verfolge ich in gleicher Weise sehr gern.

S. 14 38-47 UT rede mit Erwachsenen (Lehrern) darüber, aber nicht mit Freunden

Und wenn mir mal langweilig ist oder beim Schulausflug spreche ich ebenfalls gern mit den Lehrern, weil mir das Erzählen darüber auch Freude bereitet. Denn ich habe keinen Freund, der dafür Interesse aufbringt. Oder der eine oder andere hat Interesse, schaut jedoch nicht ständig Nachrichten und liest gar nicht erst Zeitung. Manche bekommen auch keine.

S. 14 47-52 UT was ich alles lese

Nun, ich lese vor allem die MZ, die Welt ist auch ganz gut, die Frankfurter Allgemeine, aber vor allem die MZ, nicht die Bild am Sonntag.

S. 14 52-S. 15 11 UT zum Beispiel Zeitungskauf auf der Klassenfahrt

Beispielsweise auf der Klassenfahrt in L.-Stadt haben wir uns an einem Tag eine Menge angesehen: wo Martin Luther die 95 Thesen angeschlagen hat, wir waren in den Lukas Kranachen Höfen und auf dem Markt. Wir konnten dann noch eine Stunde durch die Einkaufstraße in L.-Stadt gehen und während die Mädchen ihrem so genannten Shopping nachgingen, kaufte ich mir als aller Erstes eine Zeitung. Ich halte es nämlich keine Woche ohne das Lesen einer Zeitschrift aus.

S. 15 11-17 UUT Zeitungstausch mit den Lehrern

Die Frau Böhme und die anderen Lehrer haben sich ebenfalls eine Zeitung gekauft und am darauf folgenden Tag haben wir einen Tausch vorgenommen.

Reflektierende Interpretation

Passage steht für Interessen, Neigungen und Umkehrung der Generationendifferenz

S. 14 10-14 UT Proposition in Form einer Exemplifizierung: ich lese Zeitung, das versteht niemand

R: also zum beispiel was ungewöhnliches oder was total niemand überhaupt macht was- was niemand verstehen kann ich lese jeden tag zeitung oder jedenfalls . hauptsächlich fußballseiten was mich so interessiert noch mal und wirtschaft und politik //hmm//

Die Themeneinführung steht für ein Exemple (zunächst Zeitung lesen), was Rainer verallgemeinern könnte. Das Beispiel ist eine Erzählung einer Abhebung von Anderen „was total niemand überhaupt macht“. Mit der Steigerung von Superlativen: „total niemand überhaupt macht … was niemand verstehen kann“ grenzt Rainer sich scharf von Gleichaltrigen ab und entwirft sich als ungewöhnlichen und originellen Akteur. Über diese Deplatzierung im Rahmen der Gleichaltrigen dokumentiert sich im höchsten Maße eine Distinktion zu diesen. Da Zeitungslesen keine außergewöhnliche Tätigkeit im Allgemeinen unter Erwachsenen ist, deutet seine Erzählung auf eine Errichtung einer Generationsebnung zu diesen Erwachsenen und einer Generationendifferenz zu den Peers. Gleichaltrige besitzen Verstehensdefizite und so macht er sich ihnen gegenüber zum abgegrenzten Fremden. Das durch das Zeitungslesen gezeigte Interesse für das öffentliche Alltagsgeschehen verweist auf einen Aufklärungs- und Bildungsanspruch. Dagegen ist das Interesse an Fußballseiten ein Zurücknehmen, ein anderes Erwachsenenformat als das des humanistischen Bildungsideals, und bricht die Konstruktion der Differenz zu Gleichaltrigen stärker als sie ist. Rainer überhöht somit seinen Originalitätsstatus.

S. 14 15-22 UT Elaboration: ich schaue seriöse Nachrichten, das macht keiner in der Klasse

R: und . dann halt guck ich auch meist immer nachrichten //hmm// wenn schon irgendwas schlimmes kommt was dann ja aber im grunde guck ich immer nachrichten es sei denn es kommt irgendwelche themen . äh die jetzt total langweilig sind oder die ich jetzt überhaupt nicht leiden kann . irgendwelche promigeschichten oder so was höre ich mir erst gar nicht an .. ähm das macht also keiner in der klasse

Mit dem Schauen von Nachrichten schließt sich ein nächstes ,außergewöhnliches’ Feld an. Die brüchige Figur „meist immer“ bestätigt die Einschränkung der Konstruktion eines originellen, immer informierten Schülers in Form einer Überhöhung. Er erzählt die Praxis homogener als sie sich über die Art und Weise der sprachlichen Darstellungsweise zeigt (z.B. das Lesen der Fußballseiten, „meist immer“). Das ist Ausdruck einer Besonderung, was auf die Konzentration von Distinktionsgewinnen, wie es auch noch mal in der Schließung („das macht also keiner in der Klasse“) zum Ausdruck gebracht wird, verweist. So erzeugt Rainer maximale Kontraste und Distanz zu Gleichaltrigen, der als ganz Besonderer (in Bezug auf Leistung an anderer Stelle und hier in Bezug auf Nachrichten, Bildung) im Rahmen der Peers nicht zu verorten ist. Das Schauen von Nachrichten ist erneut die Orientierung an einem bestimmten Erwachsenenmodell, um den Grad der Informiertheit und Partizipation am Tages- und Weltgeschehen breit zu erhalten. Der negative Gegenhorizont ist demnach das Nicht-Lesen oder das Schauen von Promigeschichten und der positive Horizont ist der, sich zu informieren und aufgeklärt zu sein. Es gibt bestimmte Themen, die Rainer nicht interessieren. „Promigeschichten“ steht dabei für Interessen, von denen er sich absetzt und distanziert.(1)

S. 14 22-35 UT Elaboration in Form einer Exemplifizierung: ich verfolge z.B. den Verlauf der Neuwahlen

R: und . also ich verfolge auch so was halt wie .. das parlament hat ja n bundeskanzler gerhard schröder die verdas vertrauen entzogen //hm// lieg- liegt es an horst köhler //hm// ob er das parlament auflöst //hm// und jalso neuwahlen sind jetzt eingeleitet neuzehn achtundneunzig is bundeskanzler gerhard schröder halt (klopft auf tisch) kanzler geworden und zweitausend zwei wiedergewählt wurden //hm// und zweitausend sechs wären erst die neu- die nächsten wahlen gewesen //hmm// aber wenn jetzt halt schon frühzeitig die neuwahlen eingeleitet viele sind ja der ansicht es müsste mal ne frau ran da halt ich mich raus ich will niemanden . //hm// da halt ich mich raus also . wählen kann ich sowieso nich ich verfolge es einfach nur gern //ja//

Diese Passage hat den Duktus eines Lehrervortrages der politischen Bildung und ist als Beleg der Informiertheit zu deuten. Die Umkehrung von Rollen (Einnahme der Lehrerrolle), der informierende, belehrende Gestus und die Einebnung der Generationendifferenz zum Interviewer werden deutlich. Die Kenntnisse der Prozesse und wie Politik gemacht wird, zeigen sein politisches Wissen. Eine ganz spezielle Distanz nimmt er zu Fragen der neuen Bundeskanzlerin ein „Da halte ich mich raus“. Hier zieht er Grenzlinien zu Erwachsenen.

S. 14 35-37 Exkurs: das war auch kein Feueralarm

R: (klingeln) . das war auch kein feuerarlam manchmal geht das schon lange die klingel aber is kein feuerarlarm ( ) gesagt .

Ebenfalls dieser Exkurs zum Pausenklingeln beinhaltet den informierenden, belehrenden Gestus von Rainer. Er präsentiert sich als ein Akteur der Schule, der andere (auch Erwachsene) über die Funktionsweise und Besonderheiten der Organisation Schule aufklärt und das Gespräch strukturiert.

S. 14 37-38 Abschlusskoda: das verfolge ich gern

R: jaaa . also das verfolge ich auch . gerne- sehr gerne auch

In dieser Abschlusskoda werden die Interessen in einer gesteigerten Form („sehr gerne“) noch mal insgesamt zum Ausdruck gebracht.

S. 14 38-47 UT (Anschluss)Proposition: rede mit Erwachsenen (Lehrern) darüber, aber nicht mit Freunden

R: und also ich rede damit auch gerne wenn mir mal langweilig is oder so beim schulausflug oder so //hmm// dann red mer gern mal auch mit den lehrern lehrern darüber weil es macht dann auch spaß einfach mal so erzählen weil ich hab keinen freund der sich dafür interessiert //hm// oder der eine oder andere interessiert sich dafür äh darf aber oder guckt nich immer nachrichten und liest auch gar keine- gar nicht erst zeitung (klopft auf tisch) manche ham ja auch keine bekommen ja auch keine zeit //hm//

Neben dem Verfolgen von Nachrichten und dem ausgedrückten Interesse an Informiertheit wird hier das Bedürfnis nach Kommunikation über solche Themen zum Ausdruck gebracht „ich rede damit auch gern“. Die deplatzierte Form von „damit“ deutet dabei auf einen situativen Einsatzcharakter des Wissens und damit auf den Versuch Anerkennungsgewinne (als ein außergewöhnlicher Schüler) einzufahren. Dies ist ihm im Rahmen der Schule nur in Ausnahmesituationen wie Schulausflügen möglich, wo sich die Gelegenheit bietet, sich mit Lehrern darüber zu unterhalten. Das verweist auf einen informellen Rahmen außerhalb des Unterrichtsgeschehens, seine Exklusivität und seine Nähe zu Erwachsenen durch entsprechende Nachweise belegen zu können und sich von Gleichaltrigen abzugrenzen.(2)

S. 14 47-52 UT was ich alles lese

R: also ich les ja hauptsächlich mz I: mz R: ja . nich wie bild am Sonntag und die welt ist manchmal auch noch okay //heh//

Die Kenntnis verschiedener Zeitungstypen deutet auf eine Differenzierung innerhalb der Zeitungslandschaft. Den positiven Gegenhorizont bilden dabei Zeitungen, die für seriöse und professionelle Berichterstattungen stehen und ein bestimmtes Milieu ansprechen „die Welt, Frankfurter Allgemeine“. Die „Bild“ als Boulevardzeitschrift stellt den negativen Horizont, von dem er sich abgrenzt, dar. Damit drückt er, nach der Abgrenzung durch das Interesse an Zeitungen zu Gleichaltrigen überhaupt, auch einen bestimmten Zeitungsgeschmack aus.

S. 14 52-S. 15 11 UT Elaboration in Form einer Exemplifizierung: zum Beispiel Zeitungskauf auf der Klassenfahrt

R: // also zum beispiel auch auf der klassenfahrt warn mer in stadt den einen tag //aha// also ham uns da viel angeguckt da warn ne . ja über martin luther wo die fünf und neunzig thesen angeschlagen hat //ja ja// in lukas kranachen höfen und auch aufm markt und den berühmten maler und . ( ) wies wies die mädchen bezeichnet haben shopping (betont) äh eine stunde noch mal durch so ne straße gehen da über all da wo ganze viele läden warn //heh// das erste was ich gemacht habe ich hab mir ne zeitung gekauft //aha// weil ich halt ich halt nich die eine woche aus ohne mal ne zeitschrift zu lesen .

S. 15 11-17 UUT Zeitungstausch mit den Lehrern

R: frau böhme die hat sich da auch noch oder die ham da auch noch mal ne zeitung gekauft am nächsten tag da ham mer tausch gemacht //(lacht)// also ich hab die zeitung die ich mir gekauft habe den lehrern gegeben //hm// dafür ham die . die lehrer ham mir die zeitung gegeben die sie gekauft haben

Die Einführung der Beleggeschichte des Zeitungskaufs auf der Klassenfahrt und des Tausches der Zeitungen mit den Lehrer verweist darauf, dass Rainer in der Extrasituation der Klassenfahrt die Abgrenzungen zu Gleichaltrigen, insbesondere zu Mädchen als eine Genderdifferenz, und die Herstellung von Generationshomogenität mit Lehrern in der Praxis vollzieht. Die Passage, nicht eine Woche ohne Zeitungslesen auszuhalten, dokumentiert das ureigene Bedürfnis der Informationsbeschaffung.

Zusammenfassung der Orientierungsstrukturen in dieser Passage

Die dominierende Linie dieser Passage von Rainer ist die Konstruktion der Besonderheit über die Herstellung einer Generationendifferenz zu Gleichaltrigen, und so die Eingemeindung in die Erwachsenenwelt. Diese starke Orientierung an den Erwachsenen diskreditiert dabei ein Modell der Kindheit. Auch an anderen Passagen des Interviews lassen sich kaum Belege finden, die mit Vorstellungen von Kindheit übereinstimmen: wie Ausgelassenheit, Verspieltheit, Experimentierfreude, Emotionalität. Da an einigen Stellen aber die Grenzziehung nicht so deutlich und brüchig wird, verweist dies auf seinen Drang, nach Originalität zu streben. Sein Orientierungsrahmen spannt sich an dieser Stelle an dem Wunsch nach Distinktion (Platzierung, nicht nur hochgradiger Leistungsanspruch), die stärker konstruiert wird, als sie faktisch ist, auf. Das verweist auf ein Bedürfnis nach Anerkennung als jemand, der einzigartig und unverwechselbar ist, und deutet auf einen elitären Habitusentwurf hin.

Fußnoten:

(1) Das Interesse an Wissen und Informiertheit verweist auf einen Erfahrungsraum, in dem es zum Alltagsleben dazu gehört, Zeitung zu lesen und Nachrichten zu schauen.

(2) Rainer kann in diesen besonderen, nicht klar normierten und reglementierten Schulausflügen die Eingemeindung in die Erwachsenenwelt der Lehrer z.B. über politische Gespräche mit ihnen herstellen oder simulieren, ohne direkt der Gefahr der Rollenverkehrung und Übergriffe ausgesetzt zu sein. Das verdeutlicht aber auch, dass er innerhalb des Schulalltags durch seine wissenschaftlichen, der Erwachsenenwelt zugeordneten Interessen und Wissensbestände zum Problemfall werden kann, was sich beispielsweise in der Passage der Demütigung oder der Androhung von Klebeband zeigt.

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