U. ist eine sehr schüchterne und leise Schülerin. Sie spricht sehr selten im Unterricht, auch nach Aufforderungen weigert sie sich meist zu sprechen. Sie ist sehr unsicher und fängt schnell an zu weinen. Im Deutschunterricht sollen alle Kinder der dritten Klasse eine Buchvorstellung halten. Dabei sollen die Kinder vor der Klasse ihr Lieblingsbuch präsentieren und eine Stelle vorlesen. U. ist eine der letzten, die präsentieren sollen. Mehrere Kinder, sowie die Lehrkraft und ich sprechen ihr gut zu und versuchen, ihr Mut zu machen. Kurz nachdem sie ihr Plakat aufgehängt hat und sich vor die Klasse gestellt hat, fängt sie an zu weinen. Der Klassenlehrer fragt, ob sie überhaupt geübt hätte und meint, dass sie nicht bockig sein soll. U. setzt sich zurück an ihren Platz und weint, ich gehe zu ihr und versuche sie zu trösten. U. sagt leise „Ich trau mich nicht“ und erzählt, dass es ihr Angst macht, wenn die anderen Kinder sie beobachten. Auf das Angebot einer Freundin, mit ihr gemeinsam nach vorne zu gehen, geht U. nicht ein. Ich überrede sie schließlich, mit mir gemeinsam nach vorne zu gehen und es noch einmal zu versuchen. Ich verspreche, ihr zu helfen, falls sie nicht weiterweiß. Der Klassenlehrer meint, dass sie keine Angst haben muss, da noch kein Kind eine schlechte Note bekommen hätte und die anderen Kinder auch immer freundliches Feedback gegeben hätten. U. und ich stellen uns gemeinsam vor die Tafel und ich kündige ihren Vortrag an. U. schaut die anderen Kinder an, dreht sich dann zu mir um und fängt heftig an zu weinen. Der Klassenlehrer fragt sie, warum sie nicht geübt hätte und meint daraufhin noch einmal, dass sie nicht bockig sein soll und dass sie es doch an Weihnachten auch geschafft hätte, einen Vortrag zu halten. Auf meine Frage, was los sei sagt U. noch einmal leise und unter Tränen „Ich trau mich nicht“. Der Klassenlehrer geht daraufhin kurz mit U. nach draußen, danach ist das nächste Kind mit der Buchvorstellung dran. U. soll es an einem anderen Tag noch mal versuchen und vorher üben.

(StudentIn L_6, Pos. 22-33)