Meine Klasse ist die Partnerklasse von Leon (Name geändert), einem Schüler, der die ETEP-Klasse besucht. Da er die Chance bekommen soll, wieder in eine Regelklasse eingegliedert zu werden, besucht er uns zurzeit zweimal die Woche probeweise. Leon lässt sich schnell ablenken und kann in verschiedenen Situationen schnell ausrasten, aber sich auch schnell wieder beruhigen. Auf den ersten Blick ist Leon ein lieber Schüler, auch wenn es ihm schwerfällt, sich nicht selbst abzulenken und dadurch die Aufmerksamkeit der ganzen Klasse auf sich zu ziehen.

Grundsätzlich unterhält er sich ganz normal mit anderen Mitschülern, vor allem mit den Mädchen. Auch kann er bei einem Ausflug eine ganze Zeit lang brav mit einem Mitschüler oder einer Mitschülerin an der Hand laufen. Doch umso braver und ruhiger er ist, desto unerwarteter kommt wie aus dem Nichts ein Schlag in den Bauch, ein kräftiger Tritt oder ein Würgegriff von hinten, den der Schüler abbekommt, mit dem er sich noch eine Sekunde zuvor normal unterhalten hat.

Die Mutter von Leon ist zuhause um eine konsequente, aber liebevolle Erziehung bemüht, jedoch wird dies dadurch erschwert, dass der Vater nicht die emotionalen Schwierigkeiten seines Sohnes einsehen will und seinen Sohn darin bestärkt, dass es z.B. richtig ist zurückzuschlagen. Spiele zwischen Vater und Sohn bestehen aus spielerischen Kämpfen, bei denen der Junge wahrscheinlich auch kräftig zutreten und schlagen darf. Die Mutter hat einen langen Arbeitstag, sodass der Junge mehr Zeit allein mit seinem Vater verbringt.

Wir gehen davon aus, dass Leon mit den Tritten, Schlägen usw. in gewisser Weise auch seine Zuneigung zeigen möchte, da er es von der Beziehung zu seinem Vater so gewohnt ist. Obwohl der Junge bereits seit einem Jahr die ETEP-Klasse besucht, sind Schläge und Tritten weiterhin an der Tagesordnung. Da er für seine Mitschüler eine Gefahr darstellt, muss immer eine erwachsene Person in der Nähe sein, um im Notfall so schnell wie nur möglich einschreiten zu können. Dennoch möchten wir den Jungen möglichst wenig sanktionieren, sondern ihn viel am Regelunterricht und an Klassenausflügen teilnehmen lassen, um ihm zu zeigen, wie es im Idealfall aussehen kann.

 

(Studentin J_1, Pos. 56-87)