In der ersten Bewegungspause kam eine Lehrerin auf mich zu und fragte, ob ich für sie in der zweiten Pause die Aufsicht in den ersten 5-10 Minuten übernehmen könne. Für mich war es selbstverständlich, diese Aufgabe anzunehmen.

Die vierte Unterrichtsstunde neigte sich dem Ende zu und es ertönte der Gong, weshalb ich mich auf den Weg zum Schulhof begab. Die ersten 5 Minuten vergingen – noch war ich die einzige erwachsene Person neben ca. 200 tobenden Kindern auf dem Schulhof. Ich machte mir deshalb allerdings keine weiteren Gedanken und hoffte, dass bald eine weitere Lehrperson dazu stoßen würde, denn es ist an meiner Schule üblich, dass mindestens zwei Lehrpersonen die Pausenaufsicht übernehmen. Es vergingen weitere 15 Minuten und immer noch war keiner in Sicht. Ich als Praktikantin kannte die meisten Kinder nicht – diese wiederum mich nicht. Es ereignete sich ein Fall zwischen zwei syrischen Flüchtlingsjungen, welche an einem durch die Schulleitung unerlaubten Platz spielten. Ich ging zu ihnen und sagte, dass sie bitte woanders spielen sollen. Keiner reagierte. Erst dachte ich, dass sie mich aufgrund der Sprache nicht verstehen, doch als ich ihre Gesichtszüge beobachtete, erkannte ich ein provokatives Grinsen – sie wussten sicherlich selbst, dass sie dort nicht spielen dürfen. Zudem wusste ich nicht, ob sie mich ernst genug nehmen – gegenseitig kannten wir uns schließlich nicht und ich könnte demnach eine beliebige erwachsene Person sein, die ihnen nichts zu sagen hat. Ich ermahnte sie nochmals. Sie hörten zwar und gingen fort, allerdings hatte ich während dieses Konflikts gleichzeitig immer das Gefühl, den anderen Kindern auf dem Schulhof den Rücken zugedreht zu haben. Ich fühlte mich schlecht, dass ich mögliche andere Konflikte nicht mitbekam und meine Aufgabe deshalb nicht zufriedenstellend erfüllte. Anders ausgedrückt fühlte ich mich allein gelassen. Am liebsten wäre ich ins Lehrerzimmer gegangen, um eine weitere Aufsicht zu holen. Hätte ich dies jedoch getan, hätte ich die Kinder völlig unbeaufsichtigt spielen lassen, was ebenfalls nicht richtig gewesen wäre. Also wartete ich. Fünf Minuten vor Pausenende tauchte plötzlich die Lehrkraft auf, die ich vertreten habe. Sie war erstaunt, mich allein aufzufinden.

(Studentin_B_5_x, Pos. 2-10)