Gestern war meine Lehrerin Frau G. nicht da, sodass ich zusammen mit einer Vertretungslehrerin den Unterricht in meiner Klasse übernahm. In der großen Pause kam es zu einer Schulhofrangelei, bei der Kind S. von Kind Y. in den Bauch getreten wurde. Nachdem ich von den Kindern über diesen Vorfall informiert wurde, besprach ich die Situation mit der gesamten Klasse im Stuhlkreis. Auf mich wirkte dies wie eine ganz normale Auseinandersetzung, Kind S. weinte nicht und äußerte auch keine Schmerzen. Ich forderte Kind Y. auf, sich bei Kind S. per Handschlag zu entschuldigen, was es auch tat. Auf Nachfrage sagte Kind S., dass nun wieder alles okay sei. Die Vertretungslehrerin war während der ganzen Zeit auch anwesend, sagte dazu aber kein Wort. Daraus schloss ich, dass es auch für sie keinen Grund zur Beunruhigung gäbe und fuhr mit dem Unterricht fort. Ich war sehr froh und auch stolz darüber, dass ich diesen Konflikt allein bewältigen und klären konnte und fuhr nach dem Unterricht mit einem tollen Gefühl nach Hause. Am Abend gegen 22 Uhr – ich war bereits kurz vor dem Einschlafen – erhielt ich eine Nachricht von meiner Lehrerin, dass Kind S. im Krankenhaus läge, da Kind Y. ihn getreten habe und was ich darüber wüsste. Ich war sofort wieder hellwach und sehr erschrocken, was war passiert? In der Schule war doch alles in Ordnung, Kind S. sprang danach wieder im Klassenraum herum und es geschah nichts Außergewöhnliches. Ich schilderte Frau G. den Vorfall und schrieb ihr auch, dass ich in der Schule bereits alles mit den Kindern geklärt hatte. Schnell bemerkte ich aber ihren vorwurfsvollen Schreibstil. Ich habe mich schlecht gefühlt und an meinem Können gezweifelt. Heute in der Schule war Frau G. komisch und distanziert zu mir. Sie betonte zwar, dass ich richtig gehandelt hätte und sie es nicht anders gemacht hätte, aber ihre unterschwelligen Vorwürfe spürte ich dennoch sehr deutlich. Ich wurde wegen Kleinigkeiten angemeckert und bloßgestellt. Sie machte mir ihre Machtposition deutlich, obwohl sie eigentlich wusste, dass ich nichts falsch gemacht hatte. Noch schlimmer als dieses unfaire Verhalten mir gegenüber fand ich allerdings ihr Verhalten gegenüber Kind Y. Dieses wurde nun von ihr mit Pausenverbot und Ausschluss von Klassenaktivitäten bestraft, obwohl der Konflikt doch eigentlich längst behoben war. Ich bemerke die Verwirrtheit und Unsicherheit von Kind Y. und versuchte, ihm seine Angst vor weiteren Strafen zu nehmen. Insgesamt überkommt mich eine sehr große Unzufriedenheit und Wut, wenn ich an diese Situation denke, da das meiner Meinung nach alles hätte anders laufen können und müssen.
(Studentin K_1_BSP, Pos. 35-42)