Autor: Diana Raufelder

Falldarstellung mit interpretierenden Abschnitten Einstellungen und Anforderungen Die bewussten Einstellungen der SchülerInnen zum Prinzip der Produktivität und die Anforderungen, die der Produktionsapparat Schule an sie stellt, werden im Folgenden anhand von verschiedenen Sequenzen erörtert. 23.09.02 vierte Stunde, neue Aula I: Und welche Rolle spielt die Klasse beim Lernen – glaubst Du? Deria: Ähm … keine Ahnung. Ich denk´ mal irgendwie jetzt zum Beispiel in uns´rer Klasse … ähm die machen zum Beispiel alle im Unterricht mit und die stellen
Falldarstellung mit interpretierenden Abschnitten Einstellungen und Anforderungen 02.10.02 In der kleinen Pause mußte die Klasse sich in der Neuen Aula einfinden, um ein Klassenfoto anfertigen zu können. Als ich alleine im Klassenzimmer zurück blieb, kam Herr Hofstätter zu mir und sagte, daß die Klasse so schlimme Lücken in Mathe habe, daß man das den Eltern auch sagen müsse und wenn ihre Kinder nicht mitkämen, daß sie dann eben hier falsch seien – „immerhin sind wir auf einem Gymnasium hier“.
Falldarstellung mit interpretierenden Abschnitten BK und Musik Herr Guppi, StR, wurde von den meisten SchülerInnen aufgrund seiner Toleranz und Liebenswürdigkeit geschätzt. Er unterrichtete die Klasse 9b in den Unterrichtsfächern BK(1) und Musik. Nur selten zeigte Herr Guppi den SchülerInnen gegenüber schlechte Laune, auch wenn die Klasse 9b seine Geduld oftmals auf eine harte Probe stellte. In meinen Aufzeichnungen heißt es diesbezüglich: 11.11.02 Am ausgelassensten verhielten sich die SchülerInnen in den BK- und Musikstunden bei Herrn Guppi. Da konnte es
Falldarstellung mit interpretierenden Abschnitten Macht (LehrerInnen): Boris und Herr Dr. Behringer Herr Dr. Behringer, OStR, unterrichtete die Klasse 9b in zwei Fachgebieten: Chemie und Biologie. Wie er mir mitteilte, kannte er die meisten SchülerInnen bereits aus vorangegangenen Schuljahren. Die SchülerInnen nannten ihn „Herr Dr. G-Punkt“. Was Vivienne im Interview über Herrn Dr. Behringer sagte, entspricht m.E. der Grundhaltung der gesamten Klasse gegenüber Herrn Dr. Behringer: „Ja eigentlich find´ ich den ganz okay. Abber @(.)@ der macht immer so Witze,
Falldarstellung mit interpretierenden Abschnitten Einstellungen der LehrerInnen In seltenen Fällen konnte ich Zeuge von LehrerInnen-Aussagen werden, die die Einstellung der LehrerInnen gegenüber den SchülerInnen erkennen ließen. 01.10.02 Frau Langhans, die Deutschlehrerin, bat mich eines Tages mich von Beatrice wegzusetzen. Als ich ihr entgegnete, daß ich Beatrice – wenn diese mich fragen werde – sagen möchte, daß es auf Frau Langhans` Wunsch passiere, da ich Beatrice nicht anlügen oder ihr Vertrauen mißbrauchen wollte, sagte Frau Langhans zu mir: „Die müssen
Falldarstellung mit interpretierenden Abschnitten Frau Linzenmaier Frau Linzenmaier, OStRin, unterrichtete die Klasse 9b im Fach Englisch im ersten Jahr. Nur Mona und Tina kannten sie bereits aus dem Englischunterricht in Klasse 5 und 6. Frau Linzenmaier war bei den SchülerInnen bekannt für ihre Strenge. Die SchülerInnen nannten sie deshalb auch „Die Dominanz“. Frau Linzenmaier unterschied sich von anderen LehrerInnen vor allem durch ihren persönlichen „Regelkatalog“, dem die SchülerInnen kompromisslos Folge leisten mussten. So mussten die SchülerInnen zum Beispiel zum
Falldarstellung mit interpretierenden Abschnitten Einstellung der SchülerInnen Der folgende Interviewausschnitt mit Boris, der zu den aktiven Störherden der Klasse zählte, ist im Machtkontext von besonderem Interesse, da er seine diesbezüglichen Einstellungen hier klar formuliert. 14.10.02 vierte Stunde, neue Aula I: Welche Rolle spielt der Lehrer, ob man ein Fach mag odder nicht? Boris: Ich mein es geht vielleicht net darum, daß er streng is´ , ich män ab und zu sollt er auch mol än Spaß versteh´n. Gut, manchmal
Falldarstellung mit interpretierenden Abschnitten Vorteil LehrerInnen Situationen, in denen der Lehrer bzw. die Lehrerin sich im Unrecht befindet, aber er bzw. sie aufgrund seiner bzw. ihrer privilegierten Position gegenüber den SchülerInnen in der Lage ist, die Interaktion maßgeblich zu bestimmen, gehören zum Alltag in der Schule. 06.11.02 Zu Beginn einer Chemiestunde beorderte Herr Dr. Behringer Deria nach vorne in die erste Reihe auf den Platz, den sonst Conny einnimmt, die an diesem Tag fehlte. Deria wollte den Irrtum aufklären,
Falldarstellung mit interpretierenden Abschnitten Vorteil SchülerInnen 16.09.02 Torben ißt, Manuela hört Walkman, Charlotte und Lena riechen an Pritt-Stiften, manche trinken und die Jungen in der ersten Reihe husten nach einem Versuch absichtlich. Eines der wichtigsten Instrumentarien der SchülerInnen ist die Möglichkeit den Geräuschpegel zu bestimmen. Dass die Jungen in der ersten Reihe nach einem Versuch absichtlich husten, zeigt, dass sich SchülerInnen dieses Instrumentariums durchaus bewusst sind und es gegebenenfalls auch gezielt einsetzen. Es wird ersichtlich, dass sie ihre zahlenmäßige
Falldarstellung mit interpretierenden Abschnitten Sicht der SchülerInnen Welche Erwartungen und Anforderungen SchülerInnen an sich selbst bzw. ihre SchülerInnen-Identität stellen, bzw. wie sie diese definieren, wird anhand folgender Passagen deutlich: 23.09.02 dritte Stunde, neue Aula I: Welchen Stellenwert hat Schule in Deinem Leben? Jan: Sechs Stunden am Tag. Die Identität der SchülerInnen wird vor allem von ihrer bereits thematisierten, durch Passivität gekennzeichneten KonsumentInnen-Rolle geprägt. Schule ist demzufolge „sechs Stunden am Tag“, die Jan versucht, möglichst angenehm zu verbringen. 30.09.02 vierte