Methode: Psychoanalyse

Mitte November. – Eine letztlich nicht genauer faßbare Veränderung im Lernklima des Leistungskurses SKG, den ich seit Beginn des Schuljahres unterrichte, weckt in mir den Wunsch zur Falldarstellung. Ich habe das Bedürfnis, rückblickend einige Entwicklungslinien festzuhalten, Zusammenhänge zu klären und wichtige Szenen schriftlich zu fixieren.
Das Tote war auf seltsame Weise lebendiger als das Lebendige in der 12. Klasse des Grundkurses Deutsch. Die Schüler verhielten sich von der ersten Stunde an vordergründig zwar stets sehr freundlich; bei genauerem Hinsehen aber entpuppte sich diese Form der Freundlichkeit als ein unerbittlicher Kampf um „Normalität“. Die Routine des Schüleralltags war liebevoll gehüteter Bestandteil ihres Lernens geworden.
Die pädagogische Atmosphäre der Klasse 11b wurde mir von allen drei Hauptfachlehrern, welche die Klasse im vergangenen Jahr unterrichteten, mit folgender, scheinbar widersprüchlicher Formel in den ersten Tagen des neuen Schuljahres beschrieben: Die Klasse sei „unerträglich passiv“ und „unausstehlich verratscht“, zugleich aber „durchaus leistungsstark“.
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Zwei Studentinnen begannen sich im Seminar dafür zu interessieren, in welcher Weise sich die Beziehungen, die zwischen Lehrern und ihren guten Schülern bestehen, von jenen Beziehungen unterscheiden, die zwischen Lehrern und ihren schlechten Schülern auszumachen sind. Ihre Forschungsfrage präzisierten sie folgendermaßen:
Frau A. fühlt sich wie gelähmt: Sie ist ausgebildete Kindergärtnerin, studiert zur Zeit Pädagogik mit einer deutlichen Schwerpunktsetzung im Bereich der Sonder- und Heilpädagogik und arbeitet überdies als „Kulturtechniklehrerin“ einige Stunden pro Woche in einer Behindertenwerkstätte. Dort soll sie „Klienten“ im Einzelunterricht oder paarweise im Lesen, Schreiben und Rechnen fördern. Zu ihren erwachsenen Schülern zählt auch der achtzehnjährige Peter. Peter kennt die Buchstaben, ohne zusammenhängend lesen zu können, und rechnet bis 30. Er kommt so wie die anderen „Klienten“,